01 Nov 2014

Medienerziehung: So läuft's bei uns

Egal ob Fernsehen, Smartphone oder Tablet - die neuen Medien sind aus unserem Leben und dem unserer Kinder nicht mehr wegzudenken. Doch wie wird in den einzelnen Familien tatsächlich damit umgegangen? Ganz verbieten, alles Erlauben oder einen Mittelweg finden? Ich nutze die Gelegenheit, mich endlich mal intensiver dem Thema zu widmen und mache mit bei der Blogparade von Berlinmittemom und der Lernplattform Scoyo.

Mit dem Thema Medienerziehung kam ich das erste Mal während meines Studiums der Kommunikationswissenschaft in Kontakt. Das war Mitte der 90er und die Medienpädagogik befand sich noch ziemlich am Anfang. Vor allem stürzten sich damals die Wissenschaftler und Pädagogen auf das Medium Fernsehen gefolgt von Computerspielen. Das Internet als solches war mangels flächendeckender Verbreitung noch nicht in aller Munde, von Smartphones ganz zu schweigen. Eins habe ich aus dieser Zeit mitgenommen und für mich entschieden: kleine Kinder brauchen kein Fernsehen! Über die Nutzung neuer, digitaler Medien musste ich mir zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken machen.

Ich selber habe als Kind nicht viel ferngesehen, als Teenager ein bisschen mehr. Das Fernsehprogramm zu DDR-Zeiten reduzierte sich auf ein paar wenige Kindersendungen. Als wir “Westfernsehen” empfangen konnten, war die Neugierde natürlich riesig und mein Bruder und ich verschlangen Trickfilmserien wie “Tom und Jerry” und “Bugs Bunny”, später kamen “Knight Rider” oder “Ein Colt für alle Fälle” dazu. Geschaut wurde aber nur abends für maximal zwei Stunden. Über die Jahre ist mein Fernsehkonsum immer weniger geworden. Es gab sogar Zeiten, da bin ich abends erschöft neben meinem Kind eingeschlafen und habe Wochen gar kein ferngeschaut. Inzwischen beschränkt sich mein Konsum auf maximal eine Stunde am Abend. Der Fernseher geht nur an, sobald der Kleine im Bett ist. In meinen Augen ist das, was dort angeboten wird in der Summe totaler Müll. Wir selektieren sehr stark: Filme oder Serien schauen wir mittlerweile nur noch über Watchever.

Big Brother is watching you

Mit der PC- und Handy-Nutzung sieht es etwas anders aus. Wir arbeiten beide im Onlinebereich, ich bin Journalistin, der Papa Programmierer. Wir verbringen also viel Zeit vor dem Rechner. Ich bin zwar überwiegend im Büro damit beschäftigt, muss aber manchmal auch von zu Hause aus arbeiten. Dennoch versuche ich, den Rechner in Gegenwart des Kleinen auszulassen und verlagere das Ganze auf die Schlafenszeiten am Mittag und Abend. Papa ist selbstständig und hat sein Büro im Keller. Ab und an ist Junior bei ihm, sitzt auf seinem Schoß und schaut sich ein paar Katzen- oder Pferdebilder an. Weil Kinder, unseres eingeschlossen, im Nachahmen Profis sind und unbedingt auch sein wollen, hat er eine ausrangierte Tastatur zum Herumtippen bekommen. "Soll er doch seinen eigenen kleinen Minicomputer haben", dachte ich und schenkte ihm ein Kindertablet. Doch alles, was ihn an diesem Ding interessierte, war der An- und Ausknopf, weil jedesmal ein Hallo bzw. Tschüß erklingt. Mittlerweile wird ihm keine Beachtung mehr geschenkt.

Viel interessanter sind unsere "echten" Handys: Ohne, dass ich ihm je gezeigt hätte, wie mein iPhone entsichert wird, wischte Sohnemann eines Tages (da war er vielleicht 14 Monate) mit seinem dicken Fingerchen über den Bildschirm meines Telefones. Da sieht man mal, dass Kinder uns Eltern auf Schritt und Tritt beobachten. Natürlich gibt es immer wieder großes Geschrei, wenn ich mein Eigentum zurück haben möchte. Aber ein Smartphone ist leider kein geeignetes Spielzeug für einen Zweijährigen. Ich verstehe seinen Protest, schließlich leuchtet das Teil so toll und ist auch noch häufig in Benutzung (im Gegensatz zum neuen Minicomputer). Abgesehen davon, dass ich viel telefoniere, checke ich damit meine Mails, tummele mich auf Seiten wie Facebook und befülle meinen Instagram-Account mit Bildern. Da mein Kind viel um mich herum ist, bekommt es all das natürlich auch mit. Und sieht all das eben auch als natürlich an. Trotzdem werden noch ein paar Jahre vergehen, eh er sein eigenes Telefon haben darf. Dass er mal eines haben wird, steht außer Frage, doch sicher nicht vor Schuleintritt.

Mit Stift und Papier

Wir haben uns darauf geeignet, alle Geräte beim Essen auszuschalten bzw. fern des Esstisches zu lagern. Auch wenn das Telefon klingelt, bleiben wir in der Regel sitzen. Gemeinsame Mahlzeiten sind wichtig und sollten, egal um welches Medium es sich handelt, nicht gestört werden. Das höchste der Gefühle ist der CD-Player, gegen leise Hintergrundmusik ist nichts einzuwenden.

Was ich inzwischen wieder begonnen habe, ist, mir viele Notizen zu machen. Ich habe mehrere Notizbücher in der Wohnung herumliegen. Sobald mir zu einem Thema, sei es nun beruflich oder privat für den Blog, Gedanken kommen, schreibe ich sie einfach nieder. Auch das weckt den Nachahmungsdrang in meinem Kleinen. Also bekommt er Stifte und Papier und darf wie Mama ein bisschen herumkritzeln. Manchmal müssen der Tisch und auch meine Notizbücher daran glauben, aber das verkrafte ich. Ein bissel Farbe im Leben hat noch keinem geschadet.

Fernsehen als Babysitter

Wo wir nochmal beim Thema Fernsehen wären. Junior hat im Gegensatz zu vielen anderen Kindern in unserem Freundes- und Bekanntenkreis, die im gleichen Alter sind, noch nicht einmal ferngesehen. In seiner Gegenwart blieb der Kasten bisher aus und wird es vorerst auch bleiben. Was soll es bringen, ihn jetzt schon das Sandmännchen schauen zu lassen, wo die Sprachentwicklung doch erst richtig in Gang kommt?! Außerdem heißt es, dass kleine Kinder das am Tag Erlebte viel schlechter verarbeiten können, wenn vor dem Schlafengehen ferngesehen wird. Es setzt sich nicht im Langzeitgedächnis ab und wird stattdessen von Flimmerbildern überlagert. Außerdem sind die Schnitte - auch bei vielen Kindersendungen - viel zu schnell, um von den Knirpsen richtig erfasst werden zu können. Nicht selten sind Schlafstörungen die Folge.

Ich finde es immer wieder erschreckend, wie viele Eltern ihre Kinder einfach vor der Glotze parken, um ihre Ruhe zu haben. In einer Studie der Amerikanischen Akademie für Pädiatrie gaben 90 Prozent der Eltern von Kindern bis zwei Jahre an, dass ihre Kids bereits fernsehen. Puhhh, der Fernseher ist der neue Babysitter geworden. Und ich wette, dass in den wenigsten Fällen gemeinsam ferngesehen wird, die Kinder können keine Zwischenfragen stellen und sind den Bildern ausgeliefert. Nicht, dass ich grundsätzlich gegen das Fernsehen bin, aber je später wir damit anfangen, umso wohler ist mir dabei. Und wenn es soweit ist, dann werde ich gezielt die Filme aussuchen und mein Kind nicht alleine fernsehen lassen.

Spielen statt Fernsehen

Die bekannte Autorin Karin Neuschütz bringt es mit ihrem Buch auf den Punkt: Lieber spielen statt Fernsehen. Nichts fördert die Kreativität und Phantasie eines Kindes mehr, als das freie Spiel. Diesbezüglich sind sich alle Wissenschaftler einig, gerade in einer Zeit, in der Eltern dem Förderzwang unterliegen. Je länger also gespielt wird, umso besser. Und wenn die Spielsachen, die Schüsseln in der Küche oder die abgekühlten Teelichter mal nicht in Benutzung sind, dann schauen wir uns ein Buch. Das ist in meinen Augen das geeignetste Medium für Kinder!! Mein Appell an alle Mamis und Papis: lest vor, soviel ihr könnt und solange sich eure Kinder vorlesen lassen!

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