22 Feb 2015

Dürfen Fremde meinem Kind etwas schenken?

Neulich las ich einen Artikel von Benimm-Expertin Elisabeth Binder zum Thema Schenken. Sie hatte miterlebt, wie ein Kind an der Kasse eines Supermarktes etwas geschenkt bekommen hatte, was die Mutter alles andere als toll fand. Sofort musste ich an eine ähnliche Situation denken...

Ich war mit Junior im Drogeriemarkt einkaufen. Auf der Liste standen Sachen wie Feuchttücher, Shampoo, Müllbeutel. Sohnemann durfte den Einkaufswagen durch den Laden navigieren. Logisch, dass darin schnell Dinge landeten, die ich nicht im Sinn hatte: Traubenzucker, Maskara und natürlich Kerzen. An der Kasse bat ich die freundliche Verkäuferin doch all die Dinge schnell unter der Kasse verschwinden zu lassen. Ich hätte mir denken können, dass mein Kind das mitbekommen würde. Augenblicklich brüllte er los, er wolle seine Kerzen wiederhaben. Weil er zu Weihnachten erst eine ganze Schachtel voll mit Kerzen geschenkt bekommen hatte und die Schlange hinter uns bedrohlich länger wurde, konnte ich seinem Betteln in diesem Augenblick nicht nachgeben. Auch für Erklärungen war keine Zeit. Die Tränen kullerten, das Strampeln wurde wilder und mir immer wärmer.

Unser beider Leiden (und wahrscheinlich auch das der Zaungäste) wurde durch eine andere Kassiererin beendet. Sie holte einen dieser gelben Merchandising-Teddys hervor und hielt ihm Junior unter die Nase. Sofort war Ruhe und das Kind strahlte übers ganze Gesicht. Eigentlich werde ich gerne gefragt, wenn Fremde meinem Kind etwas schenken wollen, in dieser Situation war's mir recht, dass alles so schnell ging. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, wenn mein Kind Geschenke von Fremden bekommt und ich vermute auch nicht hinter jedem einen potentiellen Kinderschänder. Und das soll auch mein Kind nicht denken.

Es soll keines dieser angstvollen Kinder werden, die hinter jeder Ecke eine Gefahr lauern sehen. Vertrauen in sich, in andere und in die ganze Welt - das möchte ich meinem Kind mit auf den Weg geben. Eine natürliche Barriere, nennen wir sie mal "Angst" vor dem Fremden, trägt ja eh jedes Kind in sich. Ich denke, dass es wenig förderlich, wenn man unnötig Angst schürt und alles verbietet und sei es nur ein Stück Schokolade im Supermarkt. Wobei ich es schöner fände, wenn die Kinder nicht ständig mit diesem Zuckerzeug zugeschüttet würden. Als wir vergangenen Sommer mal einen Spaziergang am Feldrand entlang machten, bekam mein Kleiner eine Blume geschenkt. Ein Mann war gerade auf dem Weg zu seiner Frau und hatte ihr einen Blumenstrauß gepflückt. Ich fand es sehr charmant, dass er uns eine abgab. Das hat sich auch bei Junior nachhaltig im Gedächtnis festgesetzt, er erzählt immer noch gerne von der gelben Blume am Wegesrand.

Was mir allerdings sehr widerstrebt und wohin wir auf jeden Fall arbeiten müssen, ist, dass Junior, wenn er denn mal allein unterwegs ist, nichts von Fremden annehmen und auch nicht mit Menschen, die er nicht kennt, mitgehen soll. Zu diesem Thema gibt es tolle Bücher, die sich sehr behutsam damit beschäftigen. Empfohlen wurde uns Ich bin doch keine Zuckermaus: Neinsagegeschichten und Lieder. Aber bis wir das lesen, ist noch ein wenig Zeit und bis dahin darf er ruhig auch etwas von Fremden geschenkt bekommen. Und wenn ich mit ansehe, wie liebevoll er seinen gelben Teddy in die Arme nimmt, wäre es doch sehr schade gewesen, wenn er seine Bekanntschaft nicht gemacht hätte!

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Kommentare

Tolle Sache mit der Blume. <3

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